Donnerstag, Mai 27, 2004

Der Kern des sprachwisenschaftlichen Dilemmas:
"It is hard to be the zoologist and teh elephant at the same time".
(Gilles Fauconnier, Mappings in Thought and Language, 1997, p. 32)
Unter den Koglingers (kognitiven Linguisten) sind diese Denkfiguren als Bild-Schemata bekannt. Sie sind oft dual, wie in VORNE-HINTEN oder OBEN-UNTEN, oder auch nicht, wie im Fall von BEHÄLTER oder WEG (PATH). Diese Schemata basieren auf der physischen Erfahrung des Körpers im Raum und stecken hinter alltäglichen metaphorischen Ausdrücken:
tiefen Schmerz empfinden (UNTEN-negativ)
vor Freude an die Decke springen (OBEN-positiv)
ausser sich sein; jetzt ist das Mass aber voll! (BEHÄLTER)
hinter den Erwartungen zurück bleiben (HINTEN)
ich komme mit meiner Arbeit voran (VORNE)

Sonntag, Mai 23, 2004

In der Zeit gelesen:

"Nicht die Geburt mach den Menschen, sondern eigenes Arbeiten und Streben."

Tröstend. Nun, an welche portugiesische Behörde, Institution oder Person soll ich den klugen Staz zuerst schicken?
Ursprünglich stand das Wort "workshop" für einen Laden, wo handwerkliche Arbeit durchgeführt wurde, im Gegensatz zu anderen Läden, wo Produkte gehandelt aber nicht produziert wurden. Also, im Grunde nichts anderes als eine Werkstatt.
Bis man das Wort um eine Bedeutung erweiterte (eine semantische Extension, wie dies die Experten nennen). Im Englischen wie im Deutschen bedeutet workshop (bzw. Werstatt) heute auch eine Fortbildungsveranstaltung, bei der das Experimentieren erlaubt und eingeplant ist. Im Grunde wird auch bei dieser neuen Ladensorte etwas produziert (im Gegensatz zum Wissenshandel, der in manch Seminaren praktiziert wird).
Nur das Englische ist da um was perverser. Und so wird aus "a shop to work in" eine Gelegenheit bei der "some work, some shop".
Der Viseu-Handel bedankt sich...

Samstag, Mai 22, 2004

Manche Begegnugen helfen uns nicht so in den erwünschten Fortschritt, wie sie den schon erreichteten Standpunkt erkennen lassen.

Fortschritt (von 'fort', weg von, nach einem anderen Ort; 'schreiten', mit langsamen Schriten gehen) und Standpunkt erinnern an die menschliche Bewegung im Raum, im Sinne von 'sich in eine Richtung zu einem Ziel hin bewegen'. Also könnte man sagen, dass das menschliche Leben als eine Reise verstanden wird: Von einem Standpunkt oder erreichtem Ziel schreitet man in Richtung des nächsten. And that's what keeps you going.

Sonntag, Mai 16, 2004

OK. But just don't drive with the Portuguese...

Samstag, Mai 15, 2004

Als Kommentar ist "no comment" nicht immer angebracht. Zum Glück gibt's ja den Blog. Und weil er der Sprache gewidmet ist, versehe ich die obige Negation mit folgendem Zitat:

bilden Vb. 'formen, gestalten, hervorbringen, darstellen, sein', übertragen 'erziehen, die geistigen Anlagen entwickeln'.

Die gestaltlose Masse ist vorhanden. Die "opinion makers" leider auch...
Bildhauer, an die Arbeit!
Gammatikalisierung: ein Prozess des Sprachwandels, bei dem ein Wort die ursprüngliche Bedeutung verliert und eine grammatische Funktion erwirbt.

"weil" z.B. weist heute auf den Grund hin (unabhängig vom Kontext), ist also heute eine kausale Konjunktion, die ursprünglich in der Fügung 'so lange wie' (ahd. thiu wila so) mit einer eindeutigen temporalen Bedetung stand.

Nur der Übergang von der "vollen" Bedeutung zur abstrakten grammatikalischen Funktion wird oft nur mangelhaft geklärt. Wobei dies eben das Interessanteste an der Sprache ist.
Und dann steckt der Teufel im Detail...

Immerhin, zu "weil" lässt sich was finden (dtv Etymologisches Wörterbuch des Deutschen):
"Im Dt. entwickelt sich durch Wegfall des satzanknüpfenden so die Konjunktion mhd. die wile 'solange, während', nhd. (all)dieweil und einfaches weil (seit 15. Jh.). Der vorerst weiter geläufige temporale Gebrauch tritt im 18. Jh. zurück. Heute herrschender kausaler Gebrauch kommt ebenfalls im Mhd. (14. Jh., erste Belege bei Tauler) auf in Sätzen, in denen die temporale Konjunktion zugleich begründende Funktion annimmt."

Also, eine kausale (abstrakte, überall anwendbare) Funktion von 'weil' setzte sich über die urspüngliche temporale Bedeutung des Wortes durch.

Und 'weil' bleibt auch heute im Wandel. Diesmal eher auf der Satzebene (Syntax) als was Bedeutung angeht. Allmählich setzt sich im Sprachgebrauch folgende Anwendung durch: Ich höre jetzt auf, weil diese Nachricht wird sonst zu lang!

Freitag, Mai 14, 2004

Gelesen:
"An der Sprache hängt so ziemlich alles, auch das Denken."

Ziemlich.

Dienstag, Mai 11, 2004

Warum ist der Satz "Der Stift ist unter dem Tisch" wahrscheinlicher, natürlicher als "Der Tisch steht über den Stift"? Alles eine Frage der Wahrnehmung. Im Grunde, nichts anders als das Figure-Ground-Verhältnis von visuellen oder akustischen Wahrnehmungen. Wie das berühmte Vasenbild. Oder der Anfang der Monscheinsonate.

Montag, Mai 10, 2004

Wearable recycling
Früher landeten Plastikflaschen im Müll. Nun werden sie nach China exportiert- und kehren als Pullover zurück. Eine Folge des Dosenpfands

Schick, was?

Sonntag, Mai 09, 2004

Sonntag
'dies solis' (lat.) Tag der Sonne (Zuordnung zu Leit- Sternen von Babyloniern, von Römern übernommen (nicht / kaum von Griechen))
german. Nachbildungen: 'sundag' (norw.); 'sunnutaj' (fin); sunnûn dag (ahd.); Sunday (engl.) 4.Jh. 'dies dominicus' - Tag des Herrn; 'dimanche' (frz.) 'domingo' (span.)
Von der Sonne keine Spur... Aber was alles sonst auffindbar ist auf der Suche nach der Etymologie! Vom "Lexikon der christlichen Moral" über "Ponline" bis hin zum "Asterix-Lexicon".
Und nun ab ans Meer.

Freitag, Mai 07, 2004

Das schönste Deutsche Wort revisited. Und dazu gleich ein Vorschlag: wie wäre es mit "Mensch"?
Die Deutschen sind gross, blond, nicht sympathisch, fleissig, pünktlich, leidenschaftliche Biertrinker und Wurstverzehrer und spielen guten Fussball. (Zu letzterem Punkt schweige ich lieber.)
So beantworteten Schüler auf die kurze Umfrage der Referendarin. 90 Minuten Unterricht vergingen. Die Meinung blieb.
Ratlos die Beraterin, wage ich nur zu sagen: An die Arbeit!
Denn wie sonst kommt man von Verallgemeinerungen, Stereotypen, Klischees weg, wenn nicht durch Wissen?

Donnerstag, Mai 06, 2004

Übrigens, der Vorsitzende der Jury ist der Bamberger Sprachwissenschaftler Prof. Helmut Glück. Mal einen kurzen Ausflug in die schöne Stadt?
Der Bruder von Wilhelm ist das. Auch hier ein interessanter Fall, wie sich die deutsche Sprache selbst zu helfen weiss. Um die Aussprache der Sequenz m-p zu erleichtern, schafft das Deutsche ein e, dem die Forscher Fugenelement zu nennen pflegen.
Nicht mit der Fuge zu verwechseln, obwohl ein gewisses melodisches Effekt nicht zu leugnen ist.

Mittwoch, Mai 05, 2004

Zum Jacob-Grimme-Preis, herzlichen Glückwünsch, Loriot!
"Er habe die deutsche Sprache bereichert, indem er neue Begriffe schuf. Das vieldeutige "Ach was?!" oder das trotzige "Früher war mehr Lametta" seien mittlerweile zu Wendungen des Sprachgebrauchs geworden, meinte die Jury. Loriot habe zudem das weit verbreitete Vorurteil der Humorlosigkeit der Deutschen bestens widerlegt."
Toller Beitrag, was?
Ein Einwohner eines sozialistischen Staates fragte einmal einen anderen, ob die Russen seine Brüder oder seine Freunde seien. "Brüder", war die Antwort. "Freunde kann man sich aussuchen."
Anderenorts schrieb Borges über eine änhliche Wahl:
"Pero a ti, dulce lengua de Alemania,
te he elegido y buscado, solitario."
Braucht die Zuneigung eine Erklärung?
Gern geschehen!

Montag, Mai 03, 2004

Auch im erweiterten Europa bleibt Deutsch die meistgesprochene Muttersprache (17% aller EU-Bürger) und die zweite meistgelernte Fremdsprache, nach Englisch.
Die 30 Jahre, die man zum Erlernen dieser Sprache benötigt, scheinen die Europäer nicht zu demütigen.

Sonntag, Mai 02, 2004

Gesucht wird nach dem schönsten aller deutschen Wörter. Wer sie findet, geht auf Reisen. Wer sie sucht, kommt überall an.
Vorschläge?
"Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt", schrieb Ludwig Wittgenstein. Doch die Welt hat immer weniger Grenzen. Siehe Europa. Heisst das, dass mehr Sprachen gelernt werden? Und wenn schon, welche denn?
Also, DEUtsch scheint mir ein guter Anfang.
Warum?
Na, wenn eine Antwort gefällig ist...